Die Implizite Volatilität
Die implizite Volatilität (oder Vola) ist ein Maß zum Quantifizieren der erwarteten Marktbewegung. Die Erwartung ist herbei bezogen auf den Basiswert der Option. Es handelt sich um eines der wichtigsten Konzepte im Optionshandel.
Einfach ausgedrückt ist die implizite Volatilität die von den Marktteilnehmern für die Zukunft angenommene Volatilität. Daher handelt es sich um eine Prognose bzw. Schätzung. Gleichzeitig erlaubt sie uns weitere Rückschlüsse auf die Handelsstrategie der anderen Marktteilnehmer.
Das Konzept
Im Gegensatz zur historischen Volatilität, die akkurat berechnet werden kann, handelt es sich bei der impliziten Volatilität um einen „best Guess“ auf Basis von Schätzungen.
Der impliziten Volatilität kommt in jedem Optionspreismodell eine große Bedeutung zu. Der Grund dafür ist plausibel: Falls Optionspreise ohne die Vola bestimmt würden, dann würden Trader nur dann Optionen kaufen, wenn die zu erwartende Vola extrem hoch ist, da sich damit auch die Chance auf größere Bewegungen erhöht.
Daher liegt es nahe, dass die implizite Volatilität zwingend in jedes Optionspreismodell eingebettet sein muss. Die implizite Vola reflektiert die Erwartungshaltung des Marktes, also was der Markt für die zukünftige Bewegung des Kurses impliziert. Wichtig ist hierbei aber dass die Vola keinerlei Rückschlüsse auf die erwartete Richtung der Bewegung zulässt!
Häufig zu findende Abkürzungen für implizite Volatilität sind IV oder auch einfach Vola. Wir benennen die IV mit dem griechischen Symbol σ (sigma).
Die Bedeutung der impliziten Volatilität
Implizite Vola ist sehr wichtig für den Vergleich von Optionen und somit auch für die Auswahl der passenden Optionskontrakte. Dies liegt nicht zuletzt auch daran, dass es sich um den einzigen nicht öffentlich beobachtbaren Parameter der Optionspreisformel handelt.
Es existiert folgende Beziehung zwischen der IV und der Optionsprämie: Wenn eine Option eine höhere Vola aufweist, dann müssen wir in aller Regel auch mehr für sie bezahlen, unter der Annahme, dass die übrigen Parameter wie Strike gleich sind.
Implizite Volatilität zur Bewertung von Optionen
Eine der wichtigsten Fähigkeiten, die ein erfolgreicher Optionstrader erlernen muss, besteht darin, die für den geplanten Trade besten Optionskontrakte zu finden. Deswegen stellt sich die Frage, wie wir verschiedene Optionen miteinander vergleichen können.
Da alle anderen Parameter, aus denen sich der Preis der Option berechnet, beobachtbar sind, werden Optionen häufig nicht durch den Preis, sondern durch ihre Vola miteinander verglichen.
Dieser Vergleich ist von so überragender Bedeutung, dass professionelle Händler häufiger die implizite Volatilität angeben als den Wert der Optionsprämie.
Wieso analysiert man die implizite Volatilität?
Wir müssen in der Lage sein, die aktuelle Marktsituation korrekt einzuschätzen. Zum Beispiel könnten Ankündigungen von Notenbanken bevorstehen oder politische Verwerfungen befürchtet werden, die den Markt in Panik versetzen. In diesem Falle wäre die Vola sehr hoch. Auch die Handelsstrategie kann von der Vola abhängen. Mit mehr Erfahrung sind wir in der Lage, charttechnisch die mittlere zu erwartende Bewegung bei einer bestimmten Vola zu erkennen. Dies kann insbesondere für Swing-Trader und markttechnisch orientierte Anleger von Interesse sein.
Wissenswertes
Die implizite Vola liefert keine Erkenntnis hinsichtlich der Marktrichtung.
Ein hohe Vola impliziert lediglich eine hohe Wahrscheinlichkeit einer größeren Marktbewegung. Wahrscheinlichkeiten für verschiedene Bewegungsrichtungen lassen sich jedoch alleine aus der Vola nicht ableiten.
Die implizite Volatilität hängt vom Optionspreismodell und auch von seinen Parametern ab.
Optionen für dasselbe Asset oder Forex-Paar haben unterschiedliche IVs wenn ihr Ausübungspreis und ihr Verfallsdatum unterschiedlich sind. Die IV verhält sich nicht-linear bezüglich Optionen, die auf unterschiedlichen Modellen beruhen oder andere Parameter haben.
Ein Beispiel
Eine Anlage im Wert von 100€ hat eine Vola von 20%. Dann liegt die zu erwartende Standardabweichung auf Jahressicht bei 20%. Daher liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Anlage innerhalb des nächsten Jahres immer zwischen 80€ und 120€ handeln wird, nach der Definition der Standardabweichung bei 68.2%.